Das ist die Schule, in die ich Julian nächste Woche nicht schicken werde. Am Dienstag fängt die Schule wieder an und "Back to school" ist überall. Alle Geschäfte präsentieren Rucksäcke, Hefte, Stifte und andere Schulmaterialien direkt am Eingang und etliche Male ist Julian schon auf den bevorstehenden Schulanfang angesprochen worden - auf welche Schule er geht, in welche Klasse er kommt, etc. - worauf er jedes Mal erklärt, dass er homeschoolt und ich hinzufüge: "He gets to do the fun stuff all year round."
Die staatlichen Schulen in Kelowna haben definitiv ein gewisses Armeeflair und sehen mehr oder weniger alle gleich aus. Jeder Klassenraum scheint standardmäßig nur ein oder zwei kleine Fenster zu haben, teilweise sogar überhaupt kein Tageslicht. Die meisten deutschen Schulen haben ja wenigstens eine komplette Fensterfront pro Klassenzimmer und zumindest Grundschulen sind oft farbig nett gestaltet. Darüber habe ich mir neulich gemeinsam mit einer anderen Homeschool-Mutter aus unserer Gruppe Gedanken gemacht. Ich habe ihr gesagt, dass ich die kanadischen Schulgebäude schrecklich und beklemmend finde und mir nur ungerne vorstelle, wie es sein muss, den ganzen Tag dort zu sitzen und nicht nach draußen gucken zu können. Andererseits, fiel mir auf, ist es vielleicht viel grausamer, wenn die Schüler ins Freie schauen können und ständig vor Augen haben, was sie verpassen. Meine Bekannte fand, dass die kanadischen Schulen wenigstens "ehrlich" sind. Das freundliche Aussehen der deutschen Schulen erwecke den Eindruck, so meinte sie, dass es in diesen Räumen um Freude, Spaß am Lernen und freie Entfaltung gehe. Die kanadischen Schulen dagegen lassen mit ihrem kasernenhaften Aussehen keinen Zweifel offen, was hinter diesen Mauern passiert: Kindern wird im Stundentakt nach staatlich festgelegtem Plan Lehrstoff beigebracht, ohne Rücksicht darauf, ob sie ihn schon beherrschen, ob er sie überfordert oder ob sie überhaupt Interesse daran haben. Wenigstens herrscht in Kanada keine Schulanwesenheitspflicht - und damit hat jede Familie die Wahl, ob sie sich für die Kaserne im grauen Einheitslook oder für die bunte Welt entscheidet.
31.08.2007
28.08.2007
Für 1.30 Uhr hatten wir uns heute nacht den Wecker gestellt, um die totale Mondfinsternis zu beobachten. Als der Wecker klingelte, waren Julian und ich uns gar nicht mehr so sicher, ob wir wirklich aufstehen, uns anziehen und in die kühle Nacht (ca. 6ºC) hinausgehen wollten. Nach einigem Brummeln und Grummeln haben wir uns aber doch durchgerungen, haben unsere Winterjacken angezogen (Julian hat sogar Handschuhe hervorgekramt) und uns mit Studentenfutter und einem Buch bewaffnet in unserem Auto auf dem Parkplatz vorm Haus verschanzt. Ich habe noch nie vorher eine Mondfinsternis beobachtet und Julian natürlich erst recht nicht. So häufig hat man die Gelegenheit ja auch nicht. Die nächste totale Mondfinsternis ist laut NASA am 21.2.2008 (und da ist die Gefahr wohl größer, dass sich der Mond hinter einer Wolkendecke verstecken wird) und danach erst wieder 2010! Es war schon sehr spannend zu beobachten, wie der Mond sich zunehmend verdunkelte und nach einer Stunde komplett orange erschien. Als wir nach 3 Uhr wieder im Bett lagen und gelegentlich blinzelnd nun auch von dort aus den verdunkelten Mond beobachten konnten, weil er inzwischen weit genug Richtung Westen gewandert war, haben wir uns überlegt, wie es wohl früher für die Menschen war, eine Mond- oder Sonnenfinsternis mitzuerleben, die für sie völlig überraschend und unerklärlich sein musste. Vielen Dank, Nicola, dass Du uns auf dieses Naturschauspiel aufmerksam gemacht hast! Wie ich in Deinem Blog gelesen habe, habt ihr die Mondfinsternis ebenfalls miterlebt.
22.08.2007
Heute waren wir mit der Homeschooling-Gruppe bei der Okanagan Lavender Farm und die Kinder haben einen Lavendel-Zauberstab geflochten. Anschließend gab es Lavendeleis und Lavendellimonade - köstlich!
21.08.2007
Wieder ein emsiger "Beach Day" mit der Homeschooling-Gruppe, diesmal sind Thorsten und Mandy aus Deutschland mit ihren beiden kleinen Töchtern dabei - sie sind diese Woche hier in Kelowna zu Besuch, auf ihrer Suche nach einer neuen Heimat, weit weg von der deutschen Schulpflicht. Später am Abend hat Julian Volleyball spielen gelernt, während an der Strathcona Beach eine "Blues Night" im Rahmen der "Parks Alive"-Konzerte stattfand.
18.08.2007
Als Unschooler ist es für uns schwierig bis unmöglich, einen Plan aufzustellen, was Julian im nächsten Jahr lernen wird. Da wir uns nicht an einem Lehrplan orientieren und ihm generell keine Vorgaben machen, was er lernen SOLL, ich aber auch gleichzeitig keine Kristallkugel habe, die ich konsultieren kann, um zu sehen, wie sich seine Interessen in den kommenden Monaten entwickeln werden, bin ich beim Erstellen des Anfang September fälligen "Learning Plan" für SelfDesign etwas unentschlossen. Wir schmieden sehr wohl gemeinsam Pläne, was Julian gerne machen möchte, und vieles davon wird er mit großer Wahrscheinlichkeit in die Tat umsetzen. Im "Schuljahr 2007/2008" wird Julian weiterhin zum Taekwon-Do-Training gehen, im Winter wird er Ski und Snowboard fahren, er wird durch Lesen, Fernsehen und Interaktion mit anderen Menschen sein Englisch weiter verbessern, er möchte gerne Geige spielen lernen (und ist zum Unterricht angemeldet) und er hat sich vorgenommen, 2008 anzufangen Französisch zu lernen. Wir werden wie bisher Sachbücher über alle möglichen Themen aus der Bibliothek ausleihen und haben eine breite Palette von Arbeitsheften für die Fächer Deutsch, Mathe, "Science" und Geographie im Regal stehen, die Julian sich bei Interesse vornehmen kann. Viele Lern-Gelegenheiten werden sich unvorhergesehen bieten, neue Ideen werden kommen und gehen, einige Vorhaben werden gestrichen. Glücklicherweise ist der Inhalt des "Learning Plan" nicht in Stein gemeißelt. Es können im Laufe des Jahres Änderungen vorgenommen werden, sowohl Inhalte hinzugefügt als auch gestrichen werden. Zu Beginn des Schuljahres schreibe ich nun also hinein, was wir vom aktuellen Standpunkt aus, nach bestem Wissen und Gewissen, in den kommenden neun Monaten voraussichtlich machen werden - und dann wird der "SelfDesign Learning Plan" regelmäßig der Realität angepaßt.
12.08.2007
Nicht nur Julian, sondern auch ich lerne jede Woche etwas Neues: ich hatte beispielsweise bisher noch nie von "Lexiles" gehört. Das ist eine Methode, mit der die Schwierigkeitsstufe eines Textes gemessen werden kann. Nicht, dass ich an solche Tabellen oder Methoden glauben würde oder Julian von nun an mit Lesematerial der "richtigen" Schwierigkeitsstufe versorgen würde, aber interessant fand ich es trotzdem. Die Datenbank teilte mir mit, dass das Buch "Bob the bouncy kitten", das Julian vor ca. zwei Wochen gelesen hat, mit 490L bewertet ist, während "Double trouble" - Lektüre der letzten Woche - bei 660L liegt. Die übliche Bandbreite für die 3. Klasse (in der Mitte des Schuljahres) ist 330 bis 700L - wer auch immer das festgelegt hat. Mit 490 bis 660L liegt Julian doch ganz gut im Rennen - und das ohne dass wir bisher von "Lexiles" wussten oder er jemals Lesen "geübt" hätte. Julian liest einfach, was ihn interessiert!
Sehr vielsagend fand ich die Feststellung auf der Webseite, dass Schüler, die Interesse an einem bestimmten Thema haben (und daher motiviert sind), Texte lesen können, die eigentlich über ihrem "Leseniveau" liegen. Schade, dass ihr "normales Leseniveau" scheinbar an langweiligen Texten gemessen wird, durch die sie sich ohne großen Enthusiasmus quälen müssen. Ich glaube auch nicht, dass sich die Lesefähigkeit bei Kindern graduell entwickelt, jedes Jahr rund 100L, wie die Tabelle suggeriert, sondern in Wirklichkeit eine Zeit lang stagniert und dann auf einmal ohne Ankündigung sozusagen explodiert. Wenn die Zeit reif ist, wird das Kind plötzlich einen Riesen-Entwicklungsschritt machen und mit größter Selbstverständlichkeit Bücher lesen, die nur wenige Wochen zuvor weit jenseits seiner Lesefähigkeit lagen.
Sehr vielsagend fand ich die Feststellung auf der Webseite, dass Schüler, die Interesse an einem bestimmten Thema haben (und daher motiviert sind), Texte lesen können, die eigentlich über ihrem "Leseniveau" liegen. Schade, dass ihr "normales Leseniveau" scheinbar an langweiligen Texten gemessen wird, durch die sie sich ohne großen Enthusiasmus quälen müssen. Ich glaube auch nicht, dass sich die Lesefähigkeit bei Kindern graduell entwickelt, jedes Jahr rund 100L, wie die Tabelle suggeriert, sondern in Wirklichkeit eine Zeit lang stagniert und dann auf einmal ohne Ankündigung sozusagen explodiert. Wenn die Zeit reif ist, wird das Kind plötzlich einen Riesen-Entwicklungsschritt machen und mit größter Selbstverständlichkeit Bücher lesen, die nur wenige Wochen zuvor weit jenseits seiner Lesefähigkeit lagen.
09.08.2007
Bei meiner immerwährenden Suche nach netten Kinderbüchern und Lesefutter für Julian habe ich mal wieder einen Volltreffer gelandet: Santa Paws. Insgesamt 8 Bücher über einen Hund, der um die Weihnachtszeit herum Heldentaten vollbringt - sehr spannend, liebevoll und mit Humor geschrieben. Die ersten drei Bücher haben wir bereits verschlungen und nun sind wir voller Vorfreude auf heute abend - dann fangen wir den nächsten Band an. Im Oktober soll der 9. Band erscheinen. Gefunden habe ich diese Reihe über eine sehr hilfreiche Seite der Mid-Continent Public Library in den USA. Dort werden über 23.000 Bücher auflistet, die Teil einer Serie sind - wunderbar nach Thema recherchierbar.
07.08.2007
Selbst gerade in der Einarbeitungszeit für meine neue Stelle in der örtlichen öffentlichen Bibliothek, merke ich deutlich, welchen Unterschied es macht, ob mir jemand die verschiedenen Informationsquellen und Services der Bibliothek einfach nur erklärt oder ob ich eigene praktische Erfahrungen damit sammele. Bekomme ich etwas erklärt, muss ich versuchen, mir die Informationen zu merken. Experimentiere ich aber mit etwas selbst herum, beispielsweise mit dem Hörbuch-Service der Bibliotheken in British Columbia, wird das neu Gelernte mühelos ein integraler Teil meines Wissens. Ich brauche mir nicht zu merken, dass man bis zu 5 Titel gleichzeitig ausleihen darf, dass die Leihfrist 2 Wochen beträgt, dass man, hat man etwas vorgemerkt und es wird verfügbar, 72 Stunden Zeit hat, den Titel auszuleihen und so weiter - ich weiß es einfach. Der Aufwand des Auswendiglernens, des Paukens entfällt. Genauso funktioniert es erfahrungsgemäß bei unseren Kindern.
04.08.2007
Unser gestriger "Mini-Urlaub" hat uns nach Kamloops geführt, 2:15 Std. Fahrtzeit von Kelowna Richtung Nordwesten. Resultat: Julian hat über 4 Stunden gelesen, "Rabbit Rescue" (115 S.) und "Max the Muddy Puppy" (61 S.) hat er an einem Tag ausgelesen - sein Rekord bisher. In Kamloops angekommen, haben wir zuerst den BC Wildlife Park besucht, einen Tierpark mit 65 verschiedenen Tierarten, die in British Columbia zu Hause sind. Hauptgrund für unseren Ausflug war allerdings der Kamloopa Pow Wow, ein jährliches Treffen von verschiedenen Indianer-Völkern mit Tanzwettbewerb. Etwas fremd haben wir uns schon gefühlt, weil nicht gerade viele "Bleichgesichter" unter den Zuschauern waren (und unter den Teilnehmer natürlich erst recht nicht), aber es war ein sehr spannendes Erlebnis. Immer abwechselnd fanden die verschiedenen Kategorien des Tanzwettbewerbs (Girls' Jingle Dress Dance, Boys' Chicken Dance, etc.) und die Runden des Singwettbewerbs der einzelnen Trommelgruppen statt. Während die Trommelgruppen bewertet wurden, durften im "Kreis" in der Mitte der Arena alle Tänzer in ihren unterschiedlichen Kostümen nach Belieben ihre Künste zeigen und auch Laien wurden zum Mitmachen eingeladen. Nach anfänglichem Zögern hat Julian großen Gefallen am indianischen Tanz inmitten der echten "First Nations" gefunden. Hier eine kurze Kostprobe des Geschehens:
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